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Öffne das Glas

Du öffnest das Glas. Zwischen seinen Scheiben entweicht die Luft des Verfalls: Ein Blütenblatt, vor Monaten darin verschlossen, hat sein Leben zwischen zwei transparenten Fronten ausgehaucht. Du hast zugesehen. Seine Farbe schwinden sehen, seinen Saft. Hast gesehen, wie es widerstand. Langsam wurde es dunkler, aber die Grenzen des Zwischenraums hinderten es am Welken, weil es sich nirgendwohin einrollen hätte können.
Luftleer und blätterdünn war der Hohlraum zwischen dem Glas. Als du die obere von der unteren Scheibe hebst, riechst du sie: die Monate, die vergangen sind. Sie konnten nicht verschwinden. Die Essenz ihres Lebens, ausgedünnt von der Zeit, aber konserviert und angehalten durch etwas, das sich dem Vorübergehen widersetzte.
Der Verfall riecht wie die Erde: Ende und Beginn zugleich. Auf diesem Totenbett liegt der Staub der Zukunft, liegt eine ewige Saat. Sie war die ganze Zeit zu sehen.

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